Echte Stärke zeigen

Zwei Theaterstücke am Oskar-Gründler-Gymnasium Gebesee

Gleich zweimal hob sich am vergangenen Donnerstag der Bühnenvorhang beim Theaterabend in der alten Turnhalle des Oskar-Gründler-Gymnasiums Gebesee. In beiden Stücken ging es darum, als Einzelner dem Druck der Masse zu widerstehen und somit echte Stärke zu zeigen. Die Vorlagen der Inszenierungen sind keine unbekannten Titel. Der Deutsch-LK von Lehrerin Marion Fritzsche – inoffiziell als der „Theaterkurs“ bekannt – zeigte „Die Welle“ nach Morton Rhue. Der Kurs wollte das Stück über das Experiment eines Lehrers einer amerikanischen Highschool auf die Bühne bringen, bevor die erfolgreiche deutsche Neuverfilmung die Buchvorlage wieder ins Gespräch brachte. Das Stück macht dem Zuschauer bewusst, wie das Verhalten der Bevölkerung im Nationalsozialismus manipuliert wurde. Die Inszenierung störte sich auch nicht daran und bewahrte ihren eigenen Charakter. Aus dem Lehrer wurde ohne Widersprüche zum Beispiel eine Lehrerin. Beachtlich ist die Leistung, dass die Handlung und die Motive der Figuren in nicht mal einer Stunde auf der Bühne auch für die Zuschauer deutlich wurden, die mit Rhues in der Schule vielgelesenen Roman nicht vertraut waren.
Nach der Pause ging es zwar heiterer zur Sache, doch das Thema war nicht weniger ernst. Das Anti-Drogen-Stück mit dem zweideutigen Titel „Alice D.“ bedient sich bei der berühmten Geschichte von Alice im Wunderland aus der Feder von Lewis Carroll. Die Figuren in diesem Wunderland sind alle in irgendeiner Form auf Drogen und treiben mit ihren Macken, komischen Sprachfehlern sowie wiederholten Aussetzern den Wahnsinn auf die Spitze und das Mädchen Alice, das sich dort auf der Suche nach ihrer Schwester Emily verirrt hat, ist die Letzte, die den Verstand noch bewahren kann. Die Raupe (Alexander Rüdiger) mit der Wasserpfeife namens Inge oder die Teegesellschaft (Franziska Kriegsheim und Maria Ehrich), die immer „Tee mit Whiskey ohne Tee“ zu sich nimmt, erhielten vom Publikum begeisterten Szenenapplaus. Bis zum Schluss, als Alice von der Königin (Julia Marr) wegen der Verweigerung aller Drogen angeklagt wird, bleibt sie bei ihrer Haltung. „Alice D.“ ist ein Projekt der Theater-AG, die ebenfalls unter Leitung von Frau Fritzsche probt und spielt. Auch Darsteller belegten an diesem abwechslungsreichen Abend eine Doppelrolle. Carolin Pickel im zweiten Teil als Alice, Diana Schieck und Catharina Plock, die im ersten Teil die Lehrerin Frau Ross spielte – alle aus der 11 – trugen bei beiden Stücken zum Gelingen bei.
Allerdings handelte es sich bei den Aufführungen nicht um Premieren, denn die Gruppen traten bereits erfolgreich bei den letzten Schultheatertagen in Sömmerda auf. Die dort gewonnene Spielerfahrung war sicherlich eine Ursache für das dichte und sichere Spiel bei diesem Theaterabend, der gleichzeitig zum Nachdenken aber auch zum Lachen anregte.

Roy Dieckmann

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