Briefe, die ins Zuchthaus führten

Am 10. März 2011 gestaltete sich der Geschichtsunterricht der 10. Klassen anders als üblich. Passend zum Thema des momentanen Geschichtsstoffs wurde ein Zeitzeuge eingeladen, um uns seine Erlebnisse in der DDR zu veranschaulichen und um Fragen zum damaligen Leben zu beantworten. Baldur Haase, ein offener und sympathischer Mann, der trotz seiner zum Teil erschreckenden Erlebnisse bereitwillig jegliche Fragen beantwortete und sein dramatisches Leben schilderte, wurde voller Neugier von uns begrüßt. Er erklärte uns, wie sich das Leben in der DDR gestaltete und erläuterte auch die Machtposition, in der sich die Staatssicherheit befand. Wie er uns zu unserem Verblüffen erzählte, war auch er eine Zeit lang im Gefängnis. Dies allerdings grundlos, denn er war vollkommen unschuldig und lief ohne es zu wissen in eine Falle der Stasi. Eines seiner großen Hobbys neben dem Reisen war das Pflegen von Brieffreundschaften. Als er eines Tages den zeitlosen Klassiker George Orwells „1984“ von einem Brieffreund zugesandt bekam, ahnte er noch nichts von seinem bevorstehenden Schicksal. Doch schon kurze Zeit darauf wurde er während seiner Arbeit in einer Druckerei verhaftet, da er im Besitz eines staatsgefährdenden Schriftstücks war. Denn was Haase nicht wusste, ist, dass „1984“ auf einer inoffiziellen Liste staatsgefährdender Bücher stand und ihn so ohne sein Wissen zum Staatsfeind machte. Daraufhin verurteilte ein Gericht den Neunzehnjährigen zu 3 Jahren Zuchthaus. Dies war laut Haase der schockierendeste Zeitpunkt für sich und seine Familie. Der heute 71-Jährige ist froh darüber, dass diese Zeiten vorbei sind und wird voraussichtlich noch vielen Schülern seinen Lebenslauf schildern und deren neugierige Fragen beantworten. Abschließend lässt sich sagen, dass es zwei gelungene und interessante Geschichtsstunden waren, denn Herr Haase hat es verstanden, uns einen guten Einblick in die damalige Zeit zu vermitteln.

Lucas Marr

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