KOWO-Projekttag des Kurses 11/2

Am 04.04.2014 nahm das Oskar-Gründler-Gymnasium zum zweiten Mal am KOWO-Projekt mit einer der 11.Klassen teil. An diesem Tag, gab uns die KOWO, die Kommunale Wohnungsgesellschaft Erfurt, einen Einblick, welche Herausforderungen rund ums Wohnen und Leben nach dem Abitur und mit zunehmender Selbstständigkeit auf uns zukommen können.
Um uns nicht nur einen trockenen Vortrag darüber zu halten, sondern uns aktiv mit den eventuellen Problemen zu konfrontieren, wurde der Tag als Rollenspiel inszeniert und wir mussten uns selbstständig in der Zeit von ca. 8:00Uhr -13:00Uhr im Raum Erfurt bewegen.
Es wurden mehrere Schüler an Tische gesetzt, welche mit Nummern vergeben waren und dann wurde uns erklärt, was zu tun ist. Vor uns befanden sich Arbeitsblätter. Auf diesen stand ein Text, der eine kurze Geschichte erzählte, in welche wir uns nun hineinversetzen mussten. So wurden z.B. ich und vier meiner Mitschüler zur berufstätigen Anne, zur arbeitslosen Nicole und zu Thomas…
Wir wohnten zu dritt in einer WG. Es kam nun dazu, dass wir vom Vermieter eine Kündigung der Wohnung erhielten, da mehrere Monatsmieten nicht vollständig bezahlt worden sind. Schuldträger war Thomas, er hatte nicht den vereinbarten Mietpreis bezahlt und darüber nie ein Wort verloren. Anne und Nicole blieben dann auch noch auf Schulden sitzen, als Thomas verschwand.
Das war die Grundlage für die folgenden Aufgaben, wobei jede Gruppe des Kurses 11/2 in andere Rollen schlüpfen musste. Verlangt war nun, dass wir mit „unserem“ Problem an genau die Stationen gehen sollten, an die wir uns auch wenden müssten, wenn wir wirklich in solch einer Lage wären. Auf unseren Aufgabenzetteln stand dafür jeweils Adresse, Termin und unser Ansprechpartner. Unser erstes Ziel war die Wohnungsbau-Genossenschaft Erfurt (WGB). Hier wurden wir von zwei Mitarbeiterinnen in Empfang genommen. Wir erklärten Ihnen kurz, welche Rollen wir fünf bekommen haben und in welcher Situation „Wir“ steckten.
Im Gespräch wurde uns gesagt, was wir nun für Möglichkeiten hätten, um die Wohnung nicht zu verlieren und ohne größere finanzielle Schäden aus der Sache herauszukommen. Ein Tipp für uns persönlich war erst einmal eine Privatanzeige gegen Thomas einzureichen. Um die Wohnung behalten zu können diskutierten wir über eine monatliche Summe, die wir der WGB, zusätzlich zur Monatsmiete, geben könnten. Wir einigten uns auf eine Summe, mussten nun aber sehen, dass wir diese auch wirklich regelmäßig aufbringen konnten. Man sagte uns, wir sollen zum Amt für Gesundheit und Soziales gehen und uns dort beraten lassen.
Eigenständig gingen wir also zu diesem Amt. Da wir noch etwas Zeit hatten, blieben wir kurz vor dem Gebäude stehen und konnten so beobachten, wer ein und ausging. Auffällig war, dass besonders junge Mütter mit Kind und Personen mit Migrationshintergrund das Amt aufsuchten, was wir doch erschreckend fanden, da es sich bei diesen Leuten nicht um Teilnehmer an einem Rollenspiel oder einer Exkursion handelte. Wir gingen in das Büro eines jungen Mitarbeiters der Agentur und erklärten auch ihm wieder unsere Situation, welche Stationen wir bereits besucht haben und warum wir bei ihm sind.
Wir wurden wieder zu unseren Charakteren und stellten einen Plan auf, wie es aus finanzieller Sicht für uns weiter gehen sollte.
Wir erstellten eine Tabelle um vorweg einen Überblick über unser Einkommen und unsere Ausgaben zu bekommen. Da das restliche Geld, was Anne und Nicole noch zur Verfügung stehen würde, nicht viel war, besprachen wir weitere Optionen für beide. Besonders für die arbeitslose Nicole gab es gute Ratschläge, wie sie besser mit ihrem Einkommen zurechtkommt und sie einen neuen Job bekommen könnte.
An diesem Punkt waren wir der Meinung, dass man damit aus dem Gröbsten raus wäre, aber dann bekamen wir erneut ein Arbeitsblatt, auf dem wieder ein Text stand, in dem erklärt wurde, dass die ganze Sachlage sich wieder ändern sollte.
Anne wurden die Gegebenheiten zu kompliziert und zog bei einer anderen Freundin ein und Nicole stand jetzt endgültig mit den Schulden, ohne Job und wegen zu wenig Geld ohne Wohnung da. Wir waren erst ratlos, dann wurde uns gesagt, wir müssen weiter ins Familienübergangswohnhaus.
Auf dem Weg dorthin hatten wir zwar schon Vorahnungen um was es sich handelt, konnten uns aber nichts Genaueres vorstellen. Dort angekommen, begrüßte uns die Leiterin dieses Hauses, mit der wir auch das Gespräch führten. Bei ihr gingen wir nicht mehr weiter auf das Rollenspiel ein. Wir erklärten ihr nur kurz die Situation, aber ohne dabei wieder die Rollen anzunehmen. Sie erläuterte uns ganz genau das, was wir wissen wollten. So fanden wir also raus, dass dieses Haus, welches wir besuchten, nur für Familien und Frauen bestimmt war, alleinstehende Männer hatten in einem anderen Übergangswohnhaus Zuflucht. Auch, dass nicht jeder Obdachloser hier einfach wohnen kann, denn schwer Drogenabhängige oder Menschen, die eine Gefahr für die anderen Mitbewohner darstellen könnten, können leider nicht dort bleiben. Man kann aber auch nicht davon ausgehen, dass man dort kostenlos wohnen kann. Auch das Familienübergangshaus hat einen monatlichen Mietpreis, der pro Person gezahlt werden muss. Erstaunt waren wir, als uns erzählt wurde, dass obwohl die Hausordnung Drogen in jeglicher Form verbietet, Alkoholikerinnen im Haus mit wohnen. Aus dem Haus dürfte man jeder Zeit gehen, wenn man eine andere Bleibe finden sollte, ansonsten ist es aber kein Problem, wenn man sich dort für einen längeren Zeitraum aufhält. Die Mitarbeiter des Hauses unterstützen die mittellosen Personen auch dabei, Jobs zu finden oder der Gelder der Stütze zu erhalten. Alles in allem ist das Familienübergangswohnhaus zwar kein einladender Ort zum Wohnen aber für Menschen, denen jegliche Mittel fehlen, eine gute Option um nicht auf der Straße leben zu müssen und sich ein soziales Umfeld wahren zu können.
Nach dem ausführlichen Gespräch, das wir hatten, liefen wir zurück zur KOWO, wo sich nach und nach alle Schülergruppen sammelten. Wir nahmen wieder an unseren Tischen Platz. Vorne standen die Angestellten der KOWO und einige der Ansprechpartner der verschiedenen Agenturen, mit denen die Gruppen heute ins Gespräch kamen. Nach und nach trug jede Gruppe vor, wer sie waren, was sie erlebt haben, ob sie ihr Problem lösen konnten und was sie aus diesem Rollenspiel an Erfahrung mitgenommen haben. Unser Fazit des Tages war, dass es wirklich schockierend ist, wie schnell man von einem geregeltem Leben aus ganz unten landen könnte und, dass das nicht einmal die eigene Schuld sein muss. Auch die anderen Gruppen betonten gerade das und zudem, dass es noch viel erschreckender ist, dass das mittlerweile zum realen Leben gehört und täglich mehrere Personen betroffen sind. Man war sich aber auch einig, dass es äußerst positiv ist, dass einem so viele Möglichkeiten zur Unterstützung zur Verfügung stehen, falls es wirklich zu solchen Momenten kommt. Besonders gefallen hat die Offenheit und Ehrlichkeit der Mitarbeiter in den Einrichtungen.
Ich bin der Ansicht, dass das KOWO-Projekt an unserer Schule fortgeführt werden sollte, da es durch den direkten Einblick in die Schwierigkeiten des Lebens, zum Nachdenken anregt und hoffentlich auch weiteren Schülern ein besseres Bewusstsein für ihre Zukunft bietet.

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